Honigbienen in der Eiszeit – und wie sie nach Europa zurückkamenSeite
Die westliche Honigbiene (Apis mellifera) ist heute aus Europas Landschaften nicht mehr wegzudenken. Doch das war nicht immer so. Während der letzten großen Eiszeit, die vor rund 120.000 Jahren begann und bis vor etwa 11.700 Jahren andauerte, wurde ein Großteil Europas von Gletschern und kalten Steppen überzogen. Für wärmeliebende Insekten wie die Honigbiene war das eine lebensfeindliche Umgebung.
🌍 Rückzug in wärmere Gebiete
Honigbienen benötigen zum Überleben:
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geschützte Nistplätze (z. B. Baumhöhlen)
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ausreichend Blütenpflanzen für Nektar und Pollen
Beides war in weiten Teilen des eiszeitlichen Europas kaum vorhanden. Deshalb zogen sich Honigbienen – ebenso wie viele Pflanzen – in sogenannte Refugien zurück. Das sind klimatisch begünstigte Rückzugsräume, in denen das Leben auch während der Eiszeit weiterging. Solche Refugien lagen vor allem in:
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Südwesteuropa (z. B. Spanien, Italien)
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dem Balkan
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dem Kaukasus
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Teilen des Nahen Ostens
In diesen Regionen überlebten nicht nur die Honigbienen, sondern auch viele wildlebende Blütenpflanzen, mit denen sie eine enge Verbindung hatten.
🧬 Überleben und Anpassung
In den Refugien bildeten sich verschiedene genetische Linien der Honigbiene heraus, die an das jeweilige Klima und die Vegetation angepasst waren. Einige dieser Linien gelten heute als regionale Unterarten, z. B.:
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Apis mellifera mellifera im Norden und Westen Europas
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Apis mellifera ligustica in Italien
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Apis mellifera caucasica im Kaukasus
🔄 Rückkehr nach der Eiszeit
Mit dem Ende der Eiszeit und dem Beginn des heutigen Erdzeitalters, des Holozäns, erwärmte sich das Klima. Gletscher zogen sich zurück, Pflanzen breiteten sich langsam nach Norden aus – und die Honigbienen folgten. Über Tausende von Jahren eroberten sie erneut ganz Europa. Dabei begleiteten sie die sich ausbreitende Vegetation und kehrten in Wälder und Wiesen zurück, wo sie neue Nester gründeten.
🐝 Was geschah in Asien?
Asien – insbesondere China und Südostasien – spielte eine zentrale Rolle in der Geschichte der Honigbienen. Hier liegt vermutlich der ursprüngliche Ursprung der gesamten Gattung Apis. In China überlebten nicht nur viele Pflanzenarten die Eiszeit, sondern auch mehrere ursprüngliche Honigbienenarten, z. B.:
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Apis cerana – die östliche Honigbiene
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Apis dorsata – die Riesenhonigbiene
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Apis florea – die Zwerghonigbiene
Diese Bienen lebten überwiegend in den warmen, feuchten Regionen Süd- und Ostasiens, die während der Eiszeit weitgehend eisfrei blieben und eine reiche Blütenvielfalt boten. China war also ein wichtiger Bienen- und Pflanzen-Rückzugsraum, in dem sich eigenständige ökologische Systeme entwickelten.
🌱 Pflanzen und Bienen: ein gemeinsamer Weg
Pflanzen und Bestäuber wie die Honigbiene sind eng aufeinander angewiesen. Deshalb wanderten sie nach der Eiszeit gemeinsam: Erst kamen die Pflanzen, dann folgten die Insekten. Diese gemeinsame Rückkehr prägt bis heute die Verteilung vieler Arten in Europa und Asien.
Fazit
Die letzte Eiszeit war für Honigbienen in Europa eine Zeit des Rückzugs – aber kein Aussterben. In südlichen Schutzgebieten überlebten Bienen und Pflanzen gemeinsam und kehrten später Schritt für Schritt zurück. Auch Asien spielte eine entscheidende Rolle als Zentrum der Vielfalt. Ohne menschliche Eingriffe entwickelten sich über Zehntausende Jahre stabile, angepasste Bienenvölker – eine faszinierende Geschichte von Ausdauer, Anpassung und natürlicher Wiederkehr.