# Geschichte der Bienenwohnungen Seit über 9.000 Jahren nutzen Menschen Bienen. Zunächst wurde Honig wild gesammelt, später hielten Ägypter Bienen in Tonröhren. Im Mittelalter imkerten Mönche mit Strohkörben („Stülpern“) und Baumhöhlen („Zeidlerei“). Weltweit entwickelten sich vielfältige Techniken – von Baumbeuten in Afrika bis zu Bienenhöfen in Marokko. Moderne Kästen mit Wabenrahmen gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. # Archaische Bienenhaltung – Von der Steinzeit bis ins Mittelalter #### 1. **Wildbienenjagd und Honigsammler (vor 5000 v. Chr.)** - Erste Menschen sammelten Honig durch das Aufspüren und Ausräuchern natürlicher Bienennester (Baumhöhlen, Felsspalten). - [**Felszeichnungen**, z. B. in der „Cueva de la Araña“ in Spanien (ca. 6.000 v. Chr.), zeigen Honigsammler mit Körben an Seilen.](https://de.wikipedia.org/wiki/Cuevas_de_la_Ara%C3%B1a) - Kein Schutz, keine Haltung – nur **Raubwirtschaft**. [![Cueva_arana.svg.png](https://book.vonderelper.de/uploads/images/gallery/2025-07/scaled-1680-/cueva-arana-svg.png)](https://book.vonderelper.de/uploads/images/gallery/2025-07/cueva-arana-svg.png) --- #### 2. **Frühe Bienenhaltung in Ägypten (ca. 3.000 v. Chr. – Antike)** - Erste **systematische Bienenhaltung** im Niltal. - Verwendung von **horizontale Tonröhren** (10–15 cm Durchmesser, 1 m lang) – in Reihen gestapelt. - Völker wurden **umgesiedelt**: Bei Trachtwechsel wurden Tonröhren mit Booten stromaufwärts transportiert. - **Hieroglyphen und Wandmalereien** zeigen Imker bei der Honigentnahme, Verwendung von Rauch. - Honig war **Opfergabe, Medizin und Kosmetik**. --- #### 3. **Mesopotamien und Vorderasien (ca. 2.500–500 v. Chr.)** - Hinweise auf Bienenhaltung in Sumer, Babylon, Hethiterreich. - Nutzung von **Tongefäßen oder Rohrbündeln**. - In Hattuscha (Türkei) fand man **moderne Beutenformen nachempfundene Gefäße**. - Honig wurde hoch geschätzt, teils als Tributware. --- #### 4. **Griechenland und Rom (ca. 800 v. Chr. – 400 n. Chr.)** - Erste **schriftliche Imkereilehre** durch Aristoteles („Historia Animalium“) und Varro. - Verwendung von **Ton-, Holz- und geflochtenen Beuten**, meist ohne Rähmchen. - Honig als Süßungsmittel, Heilmittel, in der Mythologie verankert (z. B. Aristaeus, Gott der Imkerei). - Völker wurden teils in Tonröhren oder Kästen gehalten und **über Wabenstück-Ernte** ausgebeutet. --- #### 5. **Afrikanische Imkereiformen (seit ca. 2000 v. Chr. bis heute)** - In vielen afrikanischen Regionen (v. a. West- und Ostafrika) wurden **hohle Baumstämme oder Rindenstücke** verwendet. - Oft als **hängende oder liegende Klotzbeuten** in Bäumen befestigt – zum Schutz vor Tieren. - Reine Schwarmnutzung: Honigernte oft mit **Zerstörung des Nestes** verbunden. - Heute noch verbreitet als **traditionelle Imkerei**, z. T. mit Wildbienenarten. --- #### 6. **Bienenhöfe und Türme in Marokko (ab ca. 1.000 n. Chr.)** - **Marokkanische Bienenhöfe** (z. B. Inzerki bei Agadir) aus Lehm, Stein, Holz – bis zu 1.000 Tonröhren untergebracht. - **Größte traditionelle Imkerei der Welt** (Inzerki besteht noch heute). - Bienenröhren waagerecht in Mauern eingebaut – kollektive Nutzung durch Dorfgemeinschaften. - Pflege und Honigernte traditionell durch Imkerfamilien organisiert. --- #### 7. **Europa im frühen Mittelalter (500–1.000 n. Chr.)** - **Waldimkerei („Zeidlerei“) in Baumhöhlen**, v. a. in Slawen- und Germanengebieten. - Später Entwicklung der **Klotzbeuten**: ausgehöhlte Baumstämme, teils aufgestellt oder aufgehängt. - Erste **Korbimkerei** ab dem 9. Jahrhundert: Stülper, Strohkörbe, mit Lehm/Mist ausgekleidet. - Honig war wichtigster Süßstoff, **Wachs** diente für Kerzen in Kirchen. --- #### 8. **Hochmittelalter (ca. 11.–13. Jh.)** - Entstehung organisierter Imkereien in Klöstern. - Verfeinerung von **Stülpern, Zeidlerei-Techniken und Schwarmhaltung**. - Imkerrecht entwickelte sich: Wälder mit Bienennestern waren **wertvoll und geschützt**. --- ### Zusammenfassung
EpocheTechnikRegionTypisches Material
SteinzeitHonigraubweltweitnatürliche Nester
Antike ÄgyptenTonröhrenNiltalTon, Lehm
Griechen/RömerTon- & HolzbeutenMittelmeerraumTon, Holz, Stroh
AfrikaKlotzbeuten, BaumbeutenSubsahara-AfrikaRinde, Holz
MarokkoBienenhöfeNordafrikaTonröhren, Lehm
Europa (Mittelalter)Klotzbeuten, StülperMitteleuropaHolz, Stroh
--- # Die Klotzbeute – der Vorläufer unserer Bienenbeuten #### Die Klotzbeute – der Vorläufer unserer Bienenbeuten #### Was ist eine **Klotzbeute**? Eine **Klotzbeute** (auch **Baumbeute** oder **Stülper**) ist eine **ausgehöhlte Baumstammröhre**, in der ein Bienenvolk lebt. Sie ist die **älteste Form künstlicher Bienenhaltung in Mitteleuropa** – lange bevor es Rähmchen, Zargen oder Kisten gab. #### Merkmale: - Aus einem **ausgehöhlten Baumstamm** gefertigt - Meist **senkrecht aufgestellt**, später auch **liegend** - Nur **ein Raum**, keine beweglichen Teile - **Wabenbau war fest an den Wänden befestigt** - Die Honigernte erfolgte meist durch **Zerstörung der Waben** > Klotzbeuten waren für die Bienen natürlich – aber für den Imker schwer zu kontrollieren. Es gab **keine Möglichkeit zur gezielten Völkerführung oder Wabenentnahme**. --- #### Zeidler – die Waldimker des Mittelalters #### Wer waren die **Zeidler**? **Zeidler** waren **mittelalterliche Bienenhalter**, die ihre Bienenvölker **in lebenden Bäumen** hielten – meist **hoch oben in der Baumkrone**, in natürlich entstandenen oder künstlich ausgehöhlten Höhlen. - Der Begriff stammt von „Zeideln“ = Honig ernten - Zeidler galten im Mittelalter als **freie Männer mit Sonderrechten** - Vor allem im **fränkischen Raum**, z. B. in der **Zeidelmutter Nürnberg** - Sie trugen **Schutzkleidung aus Leder** und kletterten mit Steigeisen in Bäume - Werkzeuge: **Zeidlerschurz, Rauchbläser, Seile, Axt, Messer** #### Besonderheit: - Die Zeidler entnahmen Honig und Wachs aus den Baumhöhlen, ließen den Brutraum aber oft unangetastet – eine frühe, **nachhaltige Form der Imkerei** - Sie waren auch **Wachsproduzenten** – wichtig für die Kirche (Kerzen!) --- #### Vom Zeidler zur modernen Imkerei
ZeitForm der BienenhaltungTypisches System
Frühmittelalter–1500Zeidlerei im WaldHöhlen in lebenden Bäumen
1500–1800Sesshafte Klotzbeuten im GartenAusgehöhlte Baumstämme
ab ~1830Frühformen von MagazinbeutenDzierzon, Trennschiede
ab 1850Moderne Magazinbeuten mit RähmchenLangstroth, Berlepsch
# Heideimkerei mit dem Lüneburger Stülper #### Hintergrund Die Heideimkerei war besonders in der **Lüneburger Heide** verbreitet und hatte ihren Höhepunkt im 18. und 19. Jahrhundert. Die Imker (oft „Zeidler“ oder „Heideimker“ genannt) zogen mit ihren Bienenvölkern zu den Heideblütenplätzen, um **Heidehonig** zu gewinnen – einen dunklen, geleeartigen und stark aromatischen Honig. #### Der Lüneburger Stülper - Ein **strohgeflochtener Bienenkorb**, oben mit einem **Hölzchen-Geflecht („Spannreif“) verschlossen** - Innen mit **Kuhmist-Lehm-Gemisch** (Stallmist) verstrichen – gegen Zugluft und zur Stabilisierung - Keine Rähmchen – die Bienen bauen ihre Waben **frei**, wie in einer natürlichen Höhle - Kein Bodenbrett – der Stülper steht auf einem extra Brett mit Flugloch, oder direkt im „Bienenzaun“ (Bienenstand) #### Besonderheiten der Heideimkerei - **Schwarmbetrieb** statt Völkervermehrung durch Teilung - Nur der **Stärkste Schwarm** wurde überwintert - Honigernte durch das sog. **„Ausschneiden“**: komplette Entnahme der Waben (auch Brut wurde geopfert) - Typische Werkzeuge: **Heidemesser, Schwarmfangbeutel, Rauchbläser** - Aufwendige Betreuung, viel Erfahrung nötig – v. a. bei Trachtmangel #### Heidehonig - Gewonnen aus der **Späten Calluna vulgaris**-Blüte (Besenheide) - Sehr zähflüssig, enthält **Kolloide** – schleudern kaum möglich - Traditionell **mit dem Honigpressen** geerntet - Ein besonderer, **herber Geschmack** – oft als Delikatesse angesehen #### Bedeutung heute - Heute fast nur noch in der **Schaubienenhaltung** (Museen, Imkerei-Führungen) - Einzelne Imker führen die Tradition fort, oft kombiniert mit Magazinbeuten - Wichtiges Kulturgut und Lehrbeispiel für **Bienenökologie und alte Imkertechnik** # Das Magazin #### Entwicklung der Magazinimkerei – Überblick #### 1. Erste Ideen: Christ aus Kloster Banz (~1770) - Benediktinermönch **Martin Christ** experimentiert mit **aufgesetzten Kästen** („Magazin“) zur Honigernte ohne komplette Wabenzerstörung. - Noch keine Rähmchen, keine Bee-Space-Regel. - **Wichtiger Vorläufer**, aber **kein echtes Magazin im modernen Sinn**. --- #### 2. Dzierzon-Beute mit Trennschied (ab 1830er) - **Johann Dzierzon**, schlesischer Pfarrer, entwickelt eine **bewegliche Trennwand** (Schied) in Klotzbeuten. - Entdeckung der **Jungfernzeugung (Parthenogenese)** bei Drohnen. - Arbeitet mit fest eingebauten Oberträgern – **keine frei entnehmbaren Rähmchen**. - Basis für erste systematische Imkerei mit Raumgestaltung. --- #### 3. Entdeckung des Bee Space: Langstroth (1851) - **Lorenzo Lorraine Langstroth** (USA) erkennt den **Bienenabstand (Bee Space)**: ca. **7–9 mm** zwischen Waben, der nicht verbaut wird. - Entwickelt **bewegliche Rähmchen**, frei entnehmbar ohne Wabenbruch. - Erfindet die erste **moderne Magazinbeute** mit **stapelbaren Zargen**. - Veröffentlichung: *„Langstroth on the Hive and the Honey-Bee“* (1853) --- #### 4. Einführung in Deutschland: Berlepsch (1853) - **August Freiherr von Berlepsch** übernimmt Langstroths Ideen. - Entwickelt die **Berlepschbeute** mit Holzrähmchen. - Macht die **bewegliche Wabe** und den **Bee Space** im deutschsprachigen Raum bekannt. - Trägt zur **Verbreitung der rationalen Imkerei** bei. --- #### 5. Weiterentwicklung zur Zargenbeute (ab 1900) - Beginn des 20. Jahrhunderts: Einführung von **mehreren stapelbaren Zargen** (anstatt horizontaler Erweiterung). - Verbreitung von **Magazinbeuten mit genormten Rähmchenmaßen**. - Unterschiedliche Systeme entstehen: z. B. **Deutsch-Normalmaß**, **Zander**, **Dadant**, **Langstroth**, **Modifizierte Dadant**, u. a. --- #### 6. Moderne Magazinimkerei (ab ca. 1950) - Durchsetzung der **Magazinbetriebsweise** in Berufs- und Nebenerwerbsimkerei. - **Mobiler Wabenbau**, rationelle Kontrolle, einfache Honigernte. - **Königinnenzucht, Wanderimkerei und Honigvermarktung** profitieren von standardisierten Magazinsystemen. --- #### Kurz-Zusammenfassung als Zeitleiste:
JahrPersonBeitrag zur Magazinimkerei
~1770Martin Christ (Kloster Banz)Erste Kastenform mit Honigaufsatz
1830erJohann DzierzonTrennschied, theoretische Grundlage
1851L. L. LangstrothBee Space, bewegliche Rähmchen, modernes Magazin
1853A. v. BerlepschEinführung der Magazinidee in Deutschland
ab 1900Diverse Imker & VereineStapelbare Zargen, Rähmchen-Normung
ab 1950Berufsimkerei & ZüchterDurchsetzung der Magazinbetriebsweise
# Lorenzo Langstroth – Erfinder der modernen Bienenbeute **Lorenzo Lorraine Langstroth** (1810–1895) war ein US-amerikanischer Pfarrer, Lehrer und leidenschaftlicher Imker. Mit seiner Erfindung der **beweglichen Wabenrähmchen** revolutionierte er 1851 die Bienenhaltung weltweit. Sein wichtigster Beitrag war die **systematische Nutzung des "Bienenabstands"** (engl. *bee space*): Ein Abstand von etwa 6–10 mm, den Bienen nicht mit Wachs verbauen, sondern als natürlichen Durchgang nutzen. Langstroth nutzte dieses Wissen, um **herausnehmbare Holzrähmchen** in eine Kiste einzuhängen – ohne dass sie verkittet oder verbaut wurden. So konnten Waben zum ersten Mal **schonend entnommen und kontrolliert** werden. Sein 1853 erschienenes Buch *"The Hive and the Honey-Bee"* wurde ein Standardwerk der Imkerei. Die von ihm entwickelte **Langstroth-Beute** mit Rähmchenbauweise ist bis heute weltweit verbreitet – auch viele moderne Magazinbeuten wie Dadant oder Zander beruhen auf diesem Prinzip. Langstroths Erfindung leitete den Übergang von der **raubenden Imkerei zur völkererhaltenden Betriebsweise** ein und machte kontrollierte Zucht, Honiggewinnung und Krankheitskontrolle erst möglich. # Charles Dadant – Pionier der Großraumbeute **Charles Dadant** (1817–1902) war ein aus Frankreich stammender Imker, der in die USA auswanderte und dort die moderne Imkerei maßgeblich mitprägte. Ursprünglich Weinhändler, entdeckte er nach seiner Auswanderung 1863 seine Leidenschaft für die Bienenhaltung. Begeistert von den Ideen Lorenzo Langstroths, setzte er konsequent auf die beweglichen Rähmchen – und entwickelte daraus seine eigene Beutenform: die **Dadant-Beute**. Kennzeichen seiner Beute ist ein **großer Brutraum** mit **geringer Rähmchenanzahl** (z. B. 12 Waben), der dem natürlichen Brutverhalten des Bienenvolks entgegenkommt. Der Honigraum ist darübergesetzt und oft flacher – ein Prinzip, das sich in der **wirtschaftlichen Imkerei weltweit durchgesetzt** hat. Dadant war nicht nur Erfinder, sondern auch Verleger: Sein Sohn C.P. Dadant gründete den **Dadant & Sons-Verlag**, der bis heute das Fachmagazin *The American Bee Journal* herausgibt. Dank Charles Dadant wurde die Imkerei **effizienter, bienengerechter und nachhaltiger** – seine Beute ist heute vor allem in Europa (Frankreich, Italien, Schweiz, Deutschland) weit verbreitet. #### **[Dadant & Sons, Inc.](https://book.vonderelper.de/Dadant%20&%20Sons,%20Inc. "Dadant & Sons, Inc.")**